Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr zum Status Quo der Ersatzbaustoffverordnung, warum ihr der Autor des Artikels kritisch gegenübersteht und wie damit umgegangen werden kann.
Wer schon mal in Magdeburg war, hat möglicherweise dieses Denkmal gesehen.
Das ist Eike von Repgow. Irgendwann zwischen 1180 und 1190 geboren und nach 1233 gestorben, wissen wir auch sonst nicht viel von ihm. Trotzdem ist Eike von Repgow eine historische Figur, die sowohl im diktatorischen wie auch im demokratischen Deutschland gewürdigt wurde und wird – und zwar für das, was wir von ihm wissen: Er war der Verfasser des Sachsenspiegels, einer der ersten und bedeutendsten Sammlungen deutschen Rechts.
Gesetzgebung im 13. Jahrhundert
Gemeinsam mit dem Magdeburger Stadtrecht, war der Sachsenspiegel Vorbild für das Recht in weiten Teilen Osteuropas. Konnten Gerichte vor Ort keine eindeutigen Urteile finden, wurde häufig der Magdeburger Schöffenstuhl um Rat gebeten und der erteilte Rat meist unmittelbar zur Urteilsfindung herangezogen. Die Anrufung des Schöppenstuhls endete erst am 20. Mai 1631, mit der Magdeburger Hochzeit. Die Anwendung des Magdeburger Rechts endete in manchen Städten Osteuropas erst im 19. Jahrhundert.
Der Sachsenspiegel und das Magdeburger Stadtrecht sind schöne Beispiele dafür, wie die Kodifizierung von Gewohnheitsrecht Gesetze schaffen kann, die gern übernommen werden und die geeignet sind, lange zu wirken.
Gesetzgebung heute
Vor dem Hintergrund dieser Tradition durften wir erwarten, dass eine Mantelverordnung, um die 15 Jahre lang gerungen wurde, einen Ehrenplatz unter ihren großen Geschwistern einnimmt.
So hätte es sein können. Die Absicht war gut. Doch das Ergebnis erinnert an das Geschöpf Victor Frankensteins aus Mary Shellys Roman. Zusammengebastelt aus verschiedensten Teilen und ins Leben gezwungen.
Natürlich hätte man, wie seinerzeit Herr von Repgow mit dem Gewohnheitsrecht der Sachsen, einfach die vorhandenen und erprobten Regelungen prüfen, anpassen und bundeseinheitlich verrechtlichen können. Die LAGA M 20, in den meisten Ländern bekannt und angewendet, hätte sich als Ausgangspunkt angeboten.
Das war wohl zu einfach.
Leider ist uns eine Verordnung zu Teil geworden, die fachlich fragwürdig ist und auch noch schlampig redigiert wurde. Auf alles einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen. Als kleines Beispiel mag aber die Tabelle zur Konfiguration der Grundwasserdeckschicht in Anlage 2 der EBV dienen:
Sehen Sie sich die Tabelle in Ruhe an. Vor allem die beiden Spalten unter „günstig“. Das meine ich mit schlampiger Redigierung. Zu den fachlichen und systematischen Peinlichkeiten gibt es vielleicht mal einen eigenen Artikel.
Wie weiter mit der Ersatzbaustoffverordnung?
Ob sie uns nun gefällt oder nicht, die Ersatzbaustoffverordnung ist mit ihren Artikeln geltendes Recht und muss von Herstellern, Verwendern und Vollzugsbehörden angewendet werden. Dass eine rechtssichere Anwendung in vielen Punkten erst möglich sein wird, wenn Gerichte entschieden haben, was der Verordnungsgeber gemeint haben könnte oder wo die Verordnung einfach nur Unsinn regelt, ist ein kleiner Preis dafür, dass wir endlich bundeseinheitliche Regeln für die Herstellung und den Einsatz mineralischer Ersatzbaustoffe haben. Es soll ja schon vorgekommen sein, dass Recyclingbaustoffe, als ihre Herstellung noch regional geregelt war, in einzelnen Fällen schon mal bis zu 200 km entfernt von ihrem Herstellungsort eingesetzt worden sind – ohne bundeseinheitliche Regelungen ein unhaltbarer Zustand.
Dem aufmerksamen Leser wird nicht verborgen geblieben sein, dass ich unserer neuen Verordnung eine leichte Skepsis entgegenbringe. Gut beobachtet! Wenn sie wissen wollen, was ich davon wirklich halte, nehmen Sie sich ein oder zwei Tage Zeit für eine Onlinebesprechung.
Zum Abschluss etwas Eigenwerbung: den einfachen Teil, die Klassifizierung ihrer Materialien in Ersatzbaustoffklassen, können Sie schon jetzt mit Hilfe des Mineral Waste Managers vornehmen. Das Assistenzsystem ordnet mithilfe von KI die Daten aus Ihren Probenahmen automatisch den richtigen Klassen zu. Mehr dazu lesen Sie auch hier.
Für die Arbeit mit der Ersatzbaustoffverordnung kann ich Ihnen nur empfehlen, sich selbst so gut es geht kundig zu machen. Vertrauen Sie niemandem, der Ihnen erklären will, wie die Ersatzbaustoffverordnung „wirklich“ anzuwenden ist. Das weiß tatsächlich niemand – auch nicht der Gesetzgeber selbst. Alle, die ihr Wissen zur Ersatzbaustoffverordnung weitergeben, ich eingeschlossen, geben in den meisten Punkten nur ihre Meinung oder Überzeugung wieder. Ob wir damit jeweils recht haben, muss sich erst zeigen.
Fazit
Nach 15 Jahren haben wir endlich eine Ersatzbaustoffverordnung, mit der aber niemand glücklich ist und von der niemand weiß, wie sie im Einzelnen richtig anzuwenden ist. Damit müssen wir umgehen. Irgendwie wird’s schon gehen.
Einen Wunsch hätte ich aber: Liebe Bundesregierung, wenn Du die Verordnung überarbeitest – und das wirst Du müssen – dann nimm Deine Aufgabe ernst und beauftrage Leute mit der Überarbeitung, die etwas von der Sache verstehen.