Bei der Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen müssen die Betreiber von Aufbereitungsanlagen Annahmekontrollen durchführen und sich einer Güteüberwachung unterziehen. Im ersten Teil der Artikelreihe zur Güteüberwachung möchte Ihnen der Autor nahebringen, was die Annahmekontrolle und die Güteüberwachung leisten können und was nicht.
Worum geht’s?
Von den vielen Fragen, die sich die Hersteller und Verwender von Ersatzbaustoffen ebenso wie die zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Umsetzung der EBV stellen, sorgt die Güteüberwachung für die meiste Unruhe. Das ist zumindest mein Eindruck aus vielen Gesprächen mit verschiedensten Beteiligten.
Ganz vorn stehen dabei Fragen zum Eignungsnachweis. Fragen wie:
- Wie viele Eignungsnachweise brauche ich? Einen je Ersatzbaustoff, wie es § 5 der EBV fordert oder einen je Ersatzbaustoffklasse, wie es der ad-hoc-Ausschuss der LAGA behauptet?
- Warum muss das Eluat für die Erstprüfung unbedingt im ausführlichen Säulenversuch hergestellt werden, obwohl die Ergebnisse daraus nicht mit Ergebnissen des 2:1-Schütteleluats vergleichbar sind?
- Und vor allem: was soll mit dem Eignungsnachweis überhaupt bewiesen werden?
Dazu habe ich eine klare Meinung, die sich am Text der Verordnung, der Logik und dem gesunden Menschenverstand orientiert.
Meine Empfehlung: Reden Sie mit Ihrer zuständigen Überwachungsbehörde und mit Ihrer Überwachungsstelle. Sollte dabei herauskommen, dass Sie einen Eignungsnachweis für jede Ersatzbaustoffklasse beibringen sollen, müssen Sie abwägen, ob es Ihnen einen möglichen Rechtsstreit wert ist, gegen diesen Unfug vorzugehen. Wegen dieses Rechtsstreitpotenzials werde ich mich dazu vorerst nicht äußern.
In diesem Beitrag geht es um die Annahmekontrolle als Grundlage der Güteüberwachung und die Probenahmen für die Erstuntersuchung, die Fremdüberwachung, die werkseigene Produktionskontrolle als Teile der Güteüberwachung und welches Vertrauen Ersatzbaustoffe verdienen, die nach EBV kontrolliert und überwacht werden.
Die Annahmekontrolle – Grundlage der Güteüberwachung
Die EBV verlangt in § 3 vom Betreiber einer Aufbereitungsanlage, in der Recycling-Baustoffe hergestellt werden, dass bei der Anlieferung von mineralischen Abfällen eine Annahmekontrolle durchzuführen ist. Mindestens durch sensorische Ansprache, optional durch Analysen, ist dabei sicherzustellen, dass Material- und Überwachungswerte für RC-Baustoffe (max. RC-3) oder die Materialwerte für Bodenmaterial (max. BM-F3) eingehalten werden.
Bei wortgetreuer Einhaltung der Anforderungen an die Annahmekontrolle nach § 3 müssen Betreiber von Anlagen, in denen RC-Baustoffe hergestellt werden, nur die Einhaltung der betreffenden Werte für RC-Baustoffe und Boden, nicht aber für irgendwelche anderen Ersatzbaustoffe, wie z.B. Gleisschotter oder Schlacken gewährleisten. Dagegen können Betreiber von Anlagen, in denen alle möglichen anderen Ersatzbaustoffe hergestellt werden, aber kein RC-Baustoff nach Wortlaut des § 3 Abs. 1 EBV, auf die Annahmekontrolle komplett verzichten.
Zusammengefasst verlangt die EBV:
- Annahmekontrolle nur in Anlagen, in denen RC-Baustoffe hergestellt werden.
- Sicherstellung, dass bei Bauschutt die RC-3 und Überwachungswerte und bei Boden die BM-F3-Werte eingehalten werden – sonst nichts.
- Sichtkontrolle genügt, Analytik nur bei Verdacht.
Jeder verantwortungsvolle Anlagenbetreiber wird für alle in seiner Anlage angelieferten mineralischen Abfälle, die er zu Ersatzbaustoffen aufbereiten will, eine Annahmekontrolle durchführen, die wirklich gewährleistet, dass er nur Abfälle annimmt, die für ein zweites Leben als Ersatzbaustoff geeignet sind – auch wenn die EBV das nicht verlangt.
Die Probenahme für die Güteüberwachung – nach PN 98 aber nicht nach PN 98
In der Überschrift steckt ein Widerspruch? Nein, das sieht nur so aus.
Nach § 8 Abs. 1 EBV haben die Probenahmen für die Erstprüfung als Teil des Eignungsnachweises, die werkseigene Produktionskontrolle und die Fremdüberwachung nach PN 98 zu erfolgen. Dabei ist aus den ersten 200 m³ bis 500 m³ die nach PN 98 erforderliche Anzahl von Laborproben zu entnehmen. Bei 200 m³ sind das 6 Laborproben und bei 500 m³ sind das 9 Laborproben.
Soweit entspricht das Ganze der PN 98.
Mit der erforderlichen Anzahl von Laborproben könnten Inhomogenitäten im beprobten Abfall erkannt werden. Das ist der Sinn dieser Art der Beprobung.
Die Macher der EBV hatten andere Vorstellungen. Danach interessieren Inhomogenitäten nicht, es kommt nur darauf an, wie die beprobte Grundgesamtheit im Durchschnitt beschaffen ist. Deshalb schreibt § 8 Abs. 1 EBV vor, dass aus den 6 bis 9 Laborproben, die nach PN 98 erforderlich sind, im Labor durch Mischen und Homogenisieren eine Prüfprobe mit dem Charakter einer Durchschnittsprobe hergestellt wird.
Nach PN 98 ist die Reduzierung der Anzahl der Laborproben unter bestimmten Bedingungen durchaus zulässig, z.B. „wenn durch die vorliegenden Kenntnisse über den Abfall eine gleichbleibende Qualität belegt wird“[1].
Bau- und Abbruchabfälle sind notorisch inhomogen. Das war auch denjenigen klar, die 15 Jahre an der EBV gebastelt haben. Anderenfalls würde RC nicht in drei Materialklassen mit sehr unterschiedlichen Materialwerten unterteilt, von den Fußnoten in Anlage 2 ganz zu schweigen.
Trotz dieses Wissens beschlossen die an der Verordnungsgebung Beteiligten, den Sinn hinter den Laborproben der PN 98, die Feststellung von Inhomogenitäten, zu ignorieren.
Es geht hier nicht darum, ob das System der Probenahme nach PN 98 sinnvoll ist oder ob es immer und überall angewendet werden soll. Es geht darum, dass sich die Verordnungsgebenden einfach darüber hinwegsetzen, ohne dafür eine plausible Begründung zu geben.
In lockerer Schüttung liegt die Dichte von RC-Material bei ca. 1,7 t/m³. Die beprobte Grundgesamtheit von 200 m³ bis 500 m³ weist somit eine Masse von ca. 340 t bis ca. 850 t auf.
Jetzt stelle man sich vor, darin befindet sich ein Hotspot von ca. 100 m³, mit Materialwerten deutlich über RC-3. In unserem fiktiven Beispiel würde dieser Hotspot bei einer beprobten Produktionscharge von 200 m³ zu einer Gesamtklassifizierung als RC-3 führen.
Fiktives Beispiel: Probenahme aus Produktionscharge von 200 m3
Wird aber dasselbe Material aus einer Chargengröße von 500 m³ beprobt, sieht das Ganze schon sehr viel freundlicher aus. In unserem fiktiven Beispiel ergibt sich nun eine Gesamtklassifizierung als RC-1.
Fiktives Beispiel: Probenahme aus Produktionscharge von 500 m3
Merke: Bei inhomogener Zusammensetzung der beprobten Produktionscharge kann allein die Wahl der Chargengröße zu erheblich abweichenden Ergebnissen führen.
So weit, so fragwürdig. Würde die jeweils untersuchte und klassifizierte Gesamtmenge in einer einzigen Baumaßnahme verwendet könnte man argumentieren, dass sich die Schadstofffreisetzung aus dem Ersatzbaustoff im Durchschnitt so darstellt, als wären die Schadstoffe homogen in der Gesamtmasse verteilt – so wie es die im Labor hergestellte Prüfprobe suggeriert.
Wo liegt das Problem?
Dumm wird es, wenn die untersuchte Grundgesamtheit an verschiedene Abnehmer geliefert wird. Was, wenn ein Bauherr nur 100 t benötigt, ausgerechnet den Hotspot erwischt und das auch noch auffällt?
Zugegeben, der Fall ist konstruiert und in den meisten Fällen wird das Problem nicht auffallen. Das kann aber keine Ausrede dafür sein, dass die Regelung in § 8 Abs. 2 EBV das Risiko eines solchen Falls erst schafft und es den betroffenen Anwendern der Verordnung überlässt, das entstandene Problem zu lösen. Wie löst man ein solches Problem, wenn sich alle Beteiligten an gültiges Recht gehalten haben? Vermutlich vor Gericht. Eine Verordnung, die die Beteiligten einem solchen Risiko aussetzt, ist einfach peinlich.
So viel für heute.
Wenn sich aus den ersten Vollzugserfahrungen kein anderes Thema vordrängt, geht es an dieser Stelle schon bald mit der Fremdüberwachung und der werkseigenen Produktionskontrolle weiter.
Disclaimer: Auch für Fremdüberwachung und die werkseigene Produktionskontrolle werde ich keine Pluspunkte an die Verordnungsgeber verteilen…
[1] LAGA 32: Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen (PN 98) Stand: Dezember 2002 – Anmerkung zu Tabelle 2 (Kap. 6.4, S. 18)