Die Güteüberwachung in der Ersatzbaustoffverordnung – Teil 2: Eignungsnachweis, werkseigene Produktionskontrolle und Fremdüberwachung

Bei der Herstellung von mineralischen Ersatzbaustoffen müssen die Betreiber von Aufbereitungsanlagen Annahmekontrollen durchführen und sich einer Güteüberwachung unterziehen. Im ersten Teil der Artikelreihe hat Ihnen der Autor nahegebracht, was die Annahmekontrolle und die Güteüberwachung leisten können und was nicht – in diesem zweiten Teil soll es nun um die werkseigene Produktionskontrolle und Fremdüberwachung gehen.

Wie geht’s weiter?

Nachdem ich im ersten Teil meine Meinung zur Annahmekontrolle und Probenahme für die Güteüberwachung zum Besten gegeben habe, habe ich am Ende versprochen, im zweiten Teil ein paar Worte zur werkseigenen Produktionskontrolle und zur Fremdüberwachung zu verlieren.

Dem geneigten Leser oder der geneigten Leserin wird aufgefallen sein, dass ein Element der Güteüberwachung nach § 4 EBV fehlt, nämlich der Eignungsnachweis, den ich in der Ankündigung des zweiten Teils glatt unterschlagen habe. Dabei ist er so wichtig. Zumindest nach Ansicht des Verordnungsgebers und dem ad-hoc-Ausschuss der LAGA. Ob er wichtig ist – dazu weiter unten mehr.

Der Eignungsnachweis – der Führerschein für Aufbereitungsanlagen

Ähnlich, wie den Führerschein, wenn man ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr führen will, benötigt man einen Eignungsnachweis, wenn man mineralische Ersatzbaustoffe in Verkehr bringen will. So wie der Führerschein aus einer theoretischen und einer praktischen Prüfung besteht, besteht der Eignungsnachweis aus einer Erstprüfung und einer Betriebsbeurteilung.

Und noch eine Ähnlichkeit: man muss beim Führerschein eine Prüfung für jede Fahrzeugklasse absolvieren und beim Eignungsnachweis eine Erstprüfung für jeden Ersatzbaustoff. Der ad-hoc-Ausschuss der LAGA behauptet allerdings, Aufbereiter bräuchten eine Erstprüfung für jede Materiaklasse des oder der Ersatzbaustoffe, die der Anlagenbetreiber herstellen will. Die Verordnung fordert in § 5 allerdings nur den Eignungsnachweis für jeden Ersatzbaustoff, wie er in den Begriffsbestimmungen in § 2 Nr. 2 definiert ist. Von einem Eignungsnachweis für jede Materialklasse, die in § 2 Nr. 13 unterschiedlich zum Begriff des Ersatzbaustoffs definiert ist, ist in der EBV keine Rede. Ob die dafür verantwortlichen Mitglieder des ad-hoc-Ausschusses die Verordnung nicht richtig gelesen haben oder ob sie glauben, ihre Vorstellungen vom Eignungsnachwies stehen über den Regelungen der Verordnung, muss hier offenbleiben.

Die Betriebsbeurteilung

Für die Betriebsbeurteilung legt die EBV in § 5 Abs. 3 fest, dass sie durch dieselbe Überwachungsstelle zu erfolgen hat, die auch die Erstprüfung durchführt. Darüber hinaus führt die EBV nur aus, dass die Betriebsbeurteilung bestanden ist, wenn der Betreiber die Gewähr dafür bietet, dass die Anforderungen der Annahmekontrolle und der Güteüberwachung erfüllt werden und die Anlagenkomponenten, die Betriebsorganisation und die personelle Ausstattung geeignet sind. Wofür geeignet wird in § 5 Abs. 3 nicht erklärt, es steht aber zu vermuten, dass die Eignung zur mechanischen Aufbereitung gemeint ist.

Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass es eines starken Vorsatzes bedarf, die Betriebsbeurteilung nicht zu bestehen. Sie dürfen raten, welchen Wert ich der Betriebsbeurteilung als Element des Eignungsnachweises zugestehe (Spoiler: Der Wert liegt nahe Null).  

Die Erstprüfung

Die Erstprüfung ist die analytische Untersuchung zur Prüfung, ob die Materialwerte des Ersatzbaustoffs eingehalten werden, für den der Eignungsnachweis erbracht werden soll.

Die dafür erforderliche Probenahme erfolgt, wie in § 8 der EBV verlangt wird, d.h. mit einer Laborprobe aus den ersten 200 – 500 m³ der ersten Produktionscharge. Zu Sinn oder Unsinn dieser Probenahme empfehle ich meinen ersten Artikel zur Güteüberwachung.

Anders als bei der werkseigenen Produktionskontrolle und Fremdüberwachung ist für den Eignungsnachweis zwingend vorgeschrieben, das Eluat im ausführlichen Säulenversuch herzustellen. Die immer wieder vorgetragene Begründung dafür ist, dass der ausführliche Säulenversuch die tatsächlichen Einbaubedingungen am besten widerspiegelt. Wenn das so ist, stellt sich die Frage, warum für alle nachfolgenden Untersuchungen zur Güteüberwachung der Säulenkurztest oder der Schüttelversuch genügen.

Wie weiter oben bereits erklärt, vertritt der ad-hoc-Ausschuss der LAGA die spezielle Meinung, dass ein Eignungsnachweis mit Erstprüfung für jede Materialklasse erforderlich sei. Gehen wir für den Moment einmal davon aus, der Anlagenbetreiber entscheidet sich freiwillig oder auf nachdrücklichen Wunsch seiner zuständigen Behörde dafür, den Vorstellungen der LAGA zu folgen und Eignungsnachweise für alle Materialklassen zu veranlassen, die er in Verkehr bringen möchte. Das bietet Raum für verschiedene interessante Betrachtungsvarianten.

Variante 1: Der clevere Anlagenbetreiber

Dieser Anlagenbetreiber hat erkannt, dass er selbst festlegt, welche die erste Produktionscharge ist, aus der die Überwachungsstelle die Einzelproben für die Laborprobe entnimmt, die für die Erstprüfung verwendet wird. Daraus hat er den Schluss gezogen, dass er völlig legal einen Bauschutt als erste Produktionscharge auswählen kann, von dem er weiß oder erwarten kann, dass die RC-1 Materialwerte eingehalten werden. Wenn er das bei den werkseigenen Produktionskontrollen und den Fremdüberwachungen ebenso handhabt, kann er stets die beste RC-Qualität anbieten.

Ob die Mengen, die zwischen den einzelnen Untersuchungen aufbereitet werden, stets die RC-1-Werte einhalten, darf zumindest in Frage gestellt werden.

Variante 2: Der ehrliche Anlagenbetreiber

Der ehrliche Anlagenbetreiber bereitet für die Probenahme zur Erstprüfung für den Eignungsnachweis das Material auf, das gerade dran ist. Wenn er Pech hat, ergibt die Klassifizierung im Ergebnis der Erstprüfung einen RC-3. Dann kann er zukünftig auf der Grundlage dieses Eignungsnachweises ausschließlich RC-3 in Verkehr bringen.

Variante 3: Der ehrliche Anlagenbetreiber, der aus seinen Fehlern gelernt hat

Der ehrliche Anlagenbetreiber, den wir in Variante 2 kennen gelernt haben, hat festgestellt, dass ein RC-2 oder RC-3 suboptimale Marktchancen hat. Also entschließt er sich, Eignungsnachweis für weitere Materialklassen zu erhalten.

Entweder bekommt er beim zweiten Versuch einen RC-1 oder lässt so lange Erstprüfungen durchführen, bis er einen RC-1 Ersatzbaustoff erhält. Im Ergebnis hat er dann Eignungsnachweise für zwei oder drei RC-Materialklassen – so wie sich der ad-hoc-Ausschuss der LAGA das vorstellt. Auf der Grundlage jedes dieser Eignungsnachweise kann er nunmehr 5.000 t produzieren, bevor die erste werkseigene Produktionskontrolle fällig ist.

Kann man so machen.

Dann wird die nächste Produktionscharge verarbeitet. In der Annahmekontrolle wies diese Charge keine Anhaltspunkte auf, dass die Materialwerte für RC-3 überschritten werden. Eine analytische Bestimmung der Schadstoffgehalte war also nicht erforderlich.

Hier eine kleine Denkaufgabe für das geneigte Publikum: Es liegen Eignungsnachweis für die Materialklassen RC-1 bis RC-3 vor. Welche dieser Materialklassen ordnet der ehrliche Anlagenbetreiber die gerade fertig gestellte Produktionscharge zu?

Variante 4: Der Anlagenbetreiber, der sich ausschließlich an der Verordnung orientiert

Aus vertrauenswürdiger Quelle habe ich erfahren, dass es mindestens einen Anlagenbetreiber gibt, der bzw. die einen Eignungsnachweis für Ersatzbaustoffe, wie RC, GS oder BM haben, so wie es die EBV in § 3 Abs. 1 fordert. Die Überwachungsstelle hat dabei gemäß § 5 Abs. 2 EBV im Rahmen der Erstprüfung festgestellt, dass die Materialwerte für RC, d.h. dass die Materialwerte für RC-3 nicht überschritten worden sind. Nach Vorlage der Ergebnisse der aus dem ausführlichen Säulenversuch berechneten Eluatkonzentrationen hat dann der Betreiber der Aufbereitungsanlage diese Ergebnisse gemäß § 10 Abs. 1 bewertet und das Material gemäß § 11 in eine Materialklasse eingeteilt.

Im Ergebnis stand ein Eignungsnachweis in dem bestätigt wurde, dass der Anlagenbetreiber in der Lage ist RC-Baustoffe aller Materialklassen herzustellen, wobei die untersuchte Produktionscharge die Materialwerte für RC-2 einhielt.

Auf der Grundlage dieses Eignungsnachweises hatte der betreffende Anlagenbetreiber nunmehr die Möglichkeit, die nächsten 5.000 t RC-Material als RC-2 in Verkehr zu bringen und nach der ersten werkseigenen Produktionskontrolle eine neue Klassifizierung vorzunehmen und dann mit dem Ergebnis dieser Klassifizierung die nächsten 5.000 t in Verkehr zu bringen.

Der Anlagenbetreiber hat sich aber entschlossen, unterschiedliche Materialchargen jeweils einzeln untersuchen zu lassen und individuell zu klassifizieren.

Welche Eignung wird mit dem Eignungsnachweis wirklich geprüft?

Zu Sinn oder Unsinn des Eignungsnachweises – insbesondere auch im Hinblick auf mobile Anlagen – gäbe es noch sehr viel mehr zu schreiben, das würde aber das Format des Artikels sprengen.

An dieser Stelle gebe ich mich mit der Feststellung zufrieden, dass der Eignungsnachweis, den die EBV fordert, egal, ob es Eignungsnachweise für einzelne Ersatzbaustoffe oder die verschiedenen Ersatzbaustoffklassen handelt, bestenfalls belegt, dass die Annahmekontrolle im Fall der untersuchten Produktionscharge funktioniert hat und im Übrigen als Intelligenztest für den Anlagenbetreiber dienen kann (siehe Variante 1).

Als Möglichkeit der Prüfung, ob Anlagenbetreiber in der Lage sind, bestimmte Ersatzbaustoffqualitäten herzustellen, ist dieser Nachweis allein deshalb ungeeignet, weil der Betreiber ausschließlich mechanisch auf die aufzubereitenden Abfälle einwirkt und dabei nicht in der Lage ist, die Schadstoffgehalte gezielt zu verändern.

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Über den Autor

Rainer Gösel

Leiter Geschäftsentwicklung und Flächenrevitalisierung bei RST Recycling & Sanierung Thale

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