Herausforderungen bei der Entsorgung von PFAS-belastetem Bodenaushub

In den letzten Jahrzehnten ist die Stoffgruppe der PFAS stärker in den Fokus geraten. Erst durch ihre technisch nützlichen Eigenschaften, aber später auch durch ihre schädlichen Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt. In diesem Artikel wird erläutert, wie PFAS in unsere Gewässer und Böden gelangen und welche technischen und rechtlichen Schwierigkeiten diese Schadstoffgruppe bei der Sanierung und Entsorgung von entsprechenden Kontaminationen bereiten.

Was sind PFAS? 1, 2

PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) ist eine Sammelbezeichnung für 4.000 bis 6.000 verschiedene organische Fluorverbindungen. Diese vom Menschen hergestellten chemischen Verbindungen gibt es seit den 1950er Jahren.

PFAS kombinieren einige – aus technischer Perspektive – sehr nützliche Eigenschaften. Sie sind wasser-, schmutz- und fettabweisend sowie stabil unter extremen Bedingungen (wie zum Beispiel Hitze, Druck, Strahlung, Chemikalien). Zudem bieten sie elektrische und thermische Isolation und können aufgrund ihrer oberflächenaktiven Eigenschaften als Tenside genutzt werden. Sie werden deshalb in vielen Bereichen wie zum Beispiel in Bauprodukten, Schmiermitteln, Transport-Fahrzeugen oder Medizinprodukten eingesetzt.

Auch in vielen Erzeugnissen des täglichen Gebrauchs wie Kosmetik, Reinigungs- oder Imprägnier-mitteln, antihaftbeschichteten Pfannen, Verpackungen (Pizzakartons und Snackverpackungen), Teppichen, Polstermöbeln, Regenkleidung, Dichtungsmitteln, Klebstoffen, Sprays und vielen weiteren Produkten sind PFAS enthalten.

PFAS sind in der Umwelt außerordentlich stabil (persistent) und mittlerweile in Spuren überall im Boden, im Wasser, in der Tier- und Pflanzenwelt verbreitet und nachweisbar. Umweltbelastungen werden insbesondere durch eine bestimmte Gruppe der PFAS, den perfluorierten Tensiden (PFT), verursacht.

Warum sind PFAS schädlich für Menschen und die Umweltmedien? 3

Die gravierende Eigenschaft, welche PFAS aufgrund ihrer chemischen Struktur mit sich bringen, ist die Persistenz. Denn alle PFAS sind entweder selbst persistent oder werden zu persistenten Verbindungen abgebaut. Persistenz bedeutet dabei, dass diese Stoffe unter Umweltbedingungen nicht auf natürlichem Wege, zum Beispiel über chemisch-physikalische oder biologischen Prozesse, abnehmen. Wenn sie einmal in die Umwelt gelangen, verbleiben sie dort für sehr lange Zeit und werden daher auch als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnet.

Einige PFAS sind zudem mobil. Sie verteilen sich mit dem Wasserkreislauf oder reichern sich in Menschen und Tieren sowie entlang der natürlichen Nahrungsketten an. Für einige, gut untersuchte PFAS konnten zudem toxische Effekte auf Menschen oder Umweltorganismen festgestellt werden. Es wurden Auswirkungen auf das Immunsystem und Stoffwechselvorgänge sowie auf den Hormonhaushalt nachgewiesen. Auch der Verdacht krebserregender Wirkungen konnte belegt werden.

Wie gelangen PFAS in den Boden? 1, 2

Neben Verunreinigungen durch Einleitungen PFAS-haltiger Abwässer in Kläranlagen und Gewässer entstehen die Kontaminationen in Wasser und Boden vorrangig durch PFAS-haltige Feuerlöschschäume. Diese Löschschäume wurden und werden bislang vor allem bei Werkfeuerwehren (zum Beispiel Flughäfen, Raffinerien, chemische Industrie) eingesetzt, teils auch bei kommunalen Feuerwehren bei Großbränden. Wegen der langjährigen Verwendung dieser Schaummittel auch bei Feuerwehrübungen sind PFAS-bedingte Kontaminationen im Boden in den vorgenannten Bereichen häufig vorzufinden.

Wo fällt mit PFAS-belasteter Bodenaushub an? 3

Projektspezifische Anfragen im Tagesgeschäft für die Entsorgung von PFAS-belastetem Bodenaushub häufen sich in den letzten Jahren. Typische Anfallstellen für zu entsorgende Tonnagen mit oftmals kleiner 1.000 t bis etwa 10.000 t Bodenaushub sind neben Stauteichen, Regenüberlaufbecken, alten Trassen bzw. Geländeabschnitten für Feuerlöschübungen auch Kasernengelände im Rahmen von Erd- und Tiefbauarbeiten.

Bei der Sanierung von ehemaligen NATO-Flugplätzen und ehemaligen Raffinerie-Geländen sowie bei Erd-, Tiefbau- und Instandhaltungsarbeiten auf (fast) allen deutschen Verkehrsflughäfen, fallen größtenteils zu entsorgende bzw. zu sanierende PFAS-belastete Bodenaushubmengen von bis zu 100.000 t je Einzelprojekt oder auch im Extremfall annähernd 800.000 t (NATO-Flugplatz Wittmund-hafen) an.

Wohin mit PFAS-belastetem Bodenaushub? 1, 4

Es liegen bisher keine fundierten und wissenschaftlichen Daten zur Ableitung von Feststoffwerten für PFAS vor, so dass bei der Entsorgung von mit PFAS-belastetem Bodenaushub die Bewertung über die Eluatwerte in drei Verwertungskategorien (VK) erfolgt.

Tabelle 1: Verwertungskategorien (VK) von PFAS-belastetem Material

Es gibt jedoch allgemeine Anforderungen an den Umgang mit PFAS-belastetem Bodenaushub, die in verschiedenen bundesländerspezifischen Erlassen, Leitfäden, Verordnungen und Regelwerken festgelegt sind. Diese beinhalten beispielsweise die Anwendung des Vorsorgeprinzips, eine angemessene Untersuchung und Bewertung von PFAS-Kontaminationen, die Einhaltung von Schwellen- und Grenzwerten sowie die Verpflichtung zur umweltgerechten Entsorgung von PFAS-belastetem Bodenaushub.

Für die Entsorgung auf Deponien gelten die Vorgaben der Deponieverordnung (DepV). Da bei einer Ablagerung auf Deponien das Sickerwasser für eine mögliche Verfrachtung von PFAS in die Umwelt von entscheidender Bedeutung ist, muss an jedem Standort die Sickerwassereinigung hinsichtlich der notwendigen Schadstoffrückhaltung betrachtet werden. Dies bedeutet für eine oberirdische Ablagerung von PFAS-belastetem Bodenaushub auf Deponien als Grundvoraussetzung eine effektive, speziell auf PFAS ausgelegte Sickerwasseraufbereitung neben weiteren Maßnahmen (zum Beispiel Monobereiche, temporäre Abdeckung, etc.).

In vielen Regionen in Deutschland sind die o. g. Grundvoraussetzungen auf Deponien der Klassen I, II und III nicht gegeben. Damit ist eine ortsnahe Entsorgung von PFAS-belastetem Bodenaushub, auch von Tonnagen deutlich kleiner 10.000 t, oftmals nicht möglich. Die Folge sind große Transportrelationen und damit in Summe hohe Entsorgungskosten.

Oftmals wird auch deutschlandweit seitens der Deponiebetreiber eine Übernahme von PFAS-belastetem Bodenaushub, unabhängig von einer möglichen Einstufung der mineralischen Massen als gefährlicher Abfall oder einer zu entsorgenden (geringen) Tonnage, abgelehnt. Viele Deponiebetreiber möchten weder in der Öffentlichkeit noch bei ihren entsprechenden behördlichen Stellen den Anschein einer „PFAS-Senke“ erwecken.

Nach sorgfältiger Prüfung durch das zuständige Bergamt kann auch PFAS-belasteter Bodenaushub als Versatzmaterial in einem Salzbergwerk eingesetzt werden. Die Entsorgung in einer Untertagedeponie führt jedoch zu noch höheren Kosten.

Tabelle 2: Gegenüberstellung Entsorgungskosten für PFAS-belastetes Material größer VK3

Auch alternative Entsorgungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel die thermische Behandlung, sind, wenn überhaupt, nur mit hohem technischem Aufwand (Verweilzeit der Mineralik und der Verbrennungsgase) in Verbindung mit hohen Kosten, gerade bei großen Tonnagen von PFAS-belastetem Bodenaushub, umsetzbar. Dieses Verfahren bleibt auf Hot Spots beschränkt.

Als „etabliertes“ PFAS-Reinigungsverfahren, auch und gerade für Tonnagen deutlich größer 100.000 t an einer Anfallstelle, ist die Bodenwäsche aktuell das einzige wirtschaftlich einsetzbare Verfahren. Aufgrund weiter entwickelter Technik kann damit nicht nur sandig-kiesiger Bodenaushub, sondern auch Bodenaushub mit hohem Feinanteil gewaschen werden. Mehr als 90 % des gereinigten Bodenaushubs kann anschließend auf dem dann sanierten Gelände wieder eingebaut werden. 5

Immobilisierungsverfahren von PFAS-belastetem Bodenaushub sind in der Planungsphase und in der technischen Durchführbarkeit sehr anspruchsvoll. Die Wahl des jeweils standortgeeigneten Adsorbens hängt unter anderem von der PFAS-Zusammensetzung als auch von bauphysikalischen Eigenschaften des Bodenaushubs am zu sanierenden Standort ab und muss gut abgesichert sein. Belegt durch unabhängige Studien und Prüflabore ist die Verfügbarkeit von Adsorptionsmaterialien mit guter Wirkung für das gesamte PFAS-Spektrum mittlerweile belegt. Langzeiterfahrungen sind noch nicht vorhanden.

Fazit

Der seit 2022 vorliegende Leitfaden zur PFAS-Bewertung (Empfehlungen für die bundeseinheitliche Bewertung von Boden- und Gewässerverunreinigungen sowie für die Entsorgung PFAS-haltigen Bodenmaterials) schafft einen Bewertungsrahmen, enthält Hintergrundinformationen und definiert Maßstäbe für die Bewertung von Untersuchungsergebnissen.

Nur bleibt aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen in vielen Bundesländern beim Umgang mit PFAS-belastetem Bodenaushub und damit auch auf behördlicher kommunaler Ebene eine große Unsicherheit bei der Bewertung und schließlich auch bei der Wahl der „richtigen“ und „sicheren“ Entsorgung für PFAS-belasteten Bodenaushub. Auch stehen aktuell deutschlandweit nur eine überschaubare Anzahl von wirtschaftlichen Entsorgungsmöglichkeiten zur Verfügung.

PFAS ist ganz offensichtlich die Kurzform von „Problematische Fiese Abfall-Stoffe“!

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Literatur / Quellen

1) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2022): Leitfaden zur PFAS-Bewertung: Empfehlungen für die bundeseinheitliche Bewertung von Boden- und Gewässerverunreinigungen sowie für die Entsorgung PFAS-haltigen Bodenmaterials

2) Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2022): Verwaltungsvollzug für den Bundesleitfaden PFAS-Bewertung

3) Bayerisches Landesumweltamt LFU (2022): Vorläufige Leitlinien zur Bewertung von PFAS-Verunreinigungen in Wasser und Boden

4) Dahme, H.U.: PFAS: Eine Substanzgruppe, die zunehmend in Rechtsvorschriften zu finden ist und dennoch für die Gesamtbewertung von Schadensfällen schwierig bleibt (2022): 92 Handbuch Altlastensanierung und Flächenmanagement.

5) Homepage der Züblin Umwelttechnik GmbH „https://www.zueblin-umwelttechnik.com“

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Über den Autor

Frank Kramer

Geschäftsführer der Gütersloher und Hannoveraner Wertstoffzentrum GmbH

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